Sechster Bericht: "Man merkt, der Jakobsweg formt..."

Mittwoch, 15. Juni 2011  

Ein weiterer Tag voller Höhepunkte am Jakobsweg nach Santiago. Nach nunmehr 34 Tagen und 760 gegangenen Kilometern haben wir nur noch 231 km nach Santiago de Compostella, unserem 1. Hauptziel. Der 1. Höhepunkt heute war, die höchste Erhebung am Jakobsweg überschritten zu haben. Einstimmig haben wir uns für den anstrengenderen Weg entschieden. Man merkt, der Jakobsweg formt. Wir überquerten den Padornelo Pass und gingen zum 2. Höhepunkt, der höchstgelegenen Herberge mit 1024 m Seehöhe am Jakobsweg. Der 3. Höhepunkt war, den 1.Österreicher, Klaus aus Kärnten, am bisherigen Weg zu treffen. Seit Zamora ist kulturhistorisch nicht viel zu erzählen. Am Weg besuchten wir die Ruinen der Festung Castrotorafe. Diese stammt aus dem 12. Jahrhundert und war Sitz des Ordens der Jakobsritter.

Dieter geht den Weg ab Zamora mit neuem Schuhwerk. Die extra "Eingeflogenen" waren nicht ganz geeignet. Die Brüder von Dieter, Rainer und Hugo haben statt den Wanderschuhen Winterschuhe nach Spanien geschickt. Aussage von Bruder Rainer: "Was gut ist für die Kälte ist auch gut für die Wärme."

Genau ein Monat nach dem Start in Sevilla trennen sich im Granche de Moreruela die Via de la Plata, die über Astorga nach Santiago führt und der von uns gewählte Mozarabische Weg. Dieser verläuft nördlich der portugiesischen Grenze nach Santiago. Auf wunderschönen Wegen durch mit Steineichen bewachsenen Wäldern bringt uns der Weg auch nach Santa Marta de Tera, wo am Portal an der im 11. Jahrhundert erbauten Kirche die älteste erhaltene Steinskulptur einer Jakobus-Statue zu sehen ist.

Wir durchwanderten viele kleine Ortschaften, die menschenleer sind. Verfallene Häuser, verwahrloste, nie verwendete Kinderspielplätze, adaptierte, aber auch neu gebaute Häuser prägen das Bild der Region. Schöne, wie auch baufällige Kirchen dominieren zusätzlich das Ortsbild. Geöffnet sind diese bestenfalls am Sonntag zur Heiligen Messe, welche wir selbst ab 12 Uhr erleben durften.

Die Öffnungszeiten sind für uns sehr gewöhnungsbedürftig. In dem ländlichen Bereich, wo wir uns bewegen, sind die Bars oder Kaufhäuser bestenfalls ab 9 Uhr, oder eben auch nicht geöffnet. Nachmittags nie und am Abend erst ab ca. 20 Uhr. Früher gibt es auch nichts zu essen. Das Leben aus dem Rucksack funktioniert immer, wenn man vorsorgt.

Die Etappen der letzten Tage sind alle mindestens 25 bis 30 km lang. Da sind die letzten 10 km schon sehr zäh und wir benötigen wegen vermehrter Trinkpausen länger. Müdigkeit macht sich bemerkbar, wir machten bisher keine Pause und werden bis Santiago auch nicht mehr rasten. Freitag, den 24. Juni wollen wir dort sein.

Durch das schöne Wetter, in der Nacht kühl, am Vormittag leichter Wind und Nachmittag schon bis 30 Grad lässt sich alles leichter ertragen. Wir hatten in den 34 Gehtagen bis jetzt nur 2 mal 3 Stunden Regen. Beim 2. mal wurde der lehmige Boden gefährlich rutschig, dabei ging es noch dazu viel bergab. Momentan befinden wir uns auf einer Seehöhe von 600 bis 900 m, wie etwa im Waldviertel. Heute hatten wir zur portugiesischen Grenze nur 4 km. Wir sind weiterhin voll der Hoffnung, dass wir unser Ziel gesund und zeitgerecht erreichen werden.

Der 4. Höhepunkt zuletzt: Während ich diese Zeilen verfasst habe waren meine Freunde Dieter und Walter einkaufen und haben ein 4-gängiges spanisches Menü für uns alle zubereitet:

Ensalada mixta ( gemischter Salat)

Omelette a la Chorizo (Eierspeise mit Wurst)

Omelette a la Queso (Eierspeise mit Käse)

El yogur con frutas ( Fruchtjoghurt)

 

Essen

Der Beweis dafür ist das Foto. Es war eine tolle Überraschung und schmeckte noch dazu sehr gut!